Der in Wien lebende Pianist, Dirigent und Komponist spielte für Contrapunkt mehrere Stücke zeitgenössischer Komponisten ein und sprach mit Alexander Fischerauer über seinen musikalischen Werdegang und seine spezielle Verbindung zur Musik von P. Glass.

Wie kamen Sie zur Musik?
Mit 7 Jahren habe ich mit Klavier angefangen. Mein Glück war, dass ich früh in die musikalische Obhut von Menschen gelangt bin, die meine Entwicklung auf diesem Gebiet gefördert haben. Mit 10 Jahren habe ich im Vorbereitungslehrgang an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien begonnen, im Musikgymnasium habe ich Prägungen im Chorsingen und Orchesterklavier erhalten. In der Oberstufe erwachte das verstärkte Interesse am Dirigieren und Komponieren, was ich dann auch im Studium weiter verfolgte.

Der Komponist Philip Glass ist für Sie mit einem besonderen Interesse verbunden. Was macht für Sie die Faszination an dieser Musik aus?
Das Interessante an seiner Musik ist für mich, was er mit einem musikalischen Material ausdrückt. Es ist mir zum ersten mal bei seiner Filmmusik aufgefallen, wie frappierend der Zusammenhang zwischen kleinen Figuren und großem emotionalen Inhalt ist. Das hat mich neugierig darauf gemacht, was es noch von diesem Komponisten gibt. Dann bin ich auf die Suche gegangen und habe mehrere große Werke gefunden, die ich erforschen wollte. Seit 10 Jahren beschäftige ich mit dieser Musik, hörend, spielend, analysierend, arrangierend; Und werde dabei auch nicht müde.

Ihre Arrangement-Tätigkeit hat hierbei schon Früchte getragen…?
Letztes Jahr habe ich Glass 8. Symphonie für Solo-Klavier arrangiert. Dabei hat mich die Begeisterung für die Vielschichtigkeit der rhythmischen und melodischen Muster, die gleichzeitig ablaufen, getragen. Das war für mich eine interessante Herausforderung, dies am Klavier wiederzugeben und gleichzeitig den Orchesterklang abzubilden. Es war ein großes Projekt und ich habe auch schon wieder neue Ideen.

Eine Musik wie die von Philip Glass stellt die Trennung der Musik in E- und U-Musik auf die Probe. Wie stehen Sie zu dieser Trennung?
Ich glaube, in jeder guten Unterhaltung ist auch einiger Ernst enthalten. Ich bin nicht sicher, wozu diese Trennung hilfreich sein soll. Wenn ich ein Musikstück spiele oder mich damit beschäftige ist dieser Gedanke für mich nicht relevant.

Als Filmmusik wird Glass zuweilen auch in eine bestimmte Schublade gesteckt…
Er hat ja nicht von Anfang an Filmmusik gemacht. In seiner frühen Zeit war er radikal. War das U-, war das E-Musik? Das war einfach nur verrückt! (lachend). Die stundenlangen Stücke um 1970, die Zeit in der er sich mit seinen Keyboards in Parks gestellt und Arpeggien gespielt hat. Ich bewundere, dass er seiner Sprache seitdem so treu geblieben ist und sie aber gleichzeitig weiterentwickeln konnte.

Gibt es auch aktuelle Arrangements oder Publikationen, die Sie veröffentlichen?
Die jüngste Veröffentlichung ist die Neuausgabe des ersten Klavierkonzerts von Roland Batik beim Musikverlag-Doblinger, mit Kadenzen von ihm und mir. Weitere Werke dieses Komponisten mit meiner Mitwirkung sind in Planung.

Die Zusammenarbeit mit Roland Batik scheint prägend für Sie zu sein…
Ich bin auf ihn tatsächlich durch seine Kompositionen aufmerksam geworden. Prägend war für mich die Zeit, in der ich bei ihm Konzertfach Klavier studierte. Als ich herausfand, dass er einen gewissen Blues in F, den wir auch für Contrapunkt aufgenommen haben, nie notiert hatte, habe ich dieses Stück von der CD „heruntergeschrieben“. Bei einem Meisterkurs mit ihm habe ich neben Bach, Chopin und Mozart auch seinen Blues gespielt. Das war eine unserer ersten Begegnungen, menschlich wie musikalisch. Im Studium hatte ich die Gelegenheit, an vielen seiner Stücke mit ihm zu arbeiten, was eine unglaubliche Bereicherung für mich war, beispielsweise an seinen Klavierkonzerten, die ich auch konzertant aufführte.

Durch was zeichnet sich seine kompositorische Arbeit aus?
Was mich persönlich sehr anspricht ist die Gratwanderung zwischen Klassik und Jazz, die er bewerkstelligt. Er hat neben seiner klassischen Ausbildung u.a. bei Friedrich Gulda auch eine langjährige Erfahrung im Jazzbereich (Jazzstudium bei Fritz Pauer). Das spiegelt sich in seinen Kompositionen wieder, als Crossover im besten Sinne des Wortes. Das ist es was seine Musik für mich so ansprechend macht, und was, wie ich glaube, auch von vielen anderen Menschen so empfunden wird. Er hat Jazz-Standards komponiert, die ihresgleichen suchen.

Sie sind auch kompositorisch tätig. Wie positionieren Sie sich selbst hinsichtlich einer Stilistik?
Bis jetzt habe ich Klavierstücke und kleine kammermusikalische Stücke geschrieben. Über eine Zuordnung zu einer bestimmten Stilistik denke ich nicht allzu viel nach. Ich komponiere nur, wenn ich glaube, dass ich etwas sagen möchte. Dann suche ich nach den passenden Mitteln dazu. Dazu gehört auch Tonalität, die ich schätze. Mein Stück, das wir für Contrapunkt aufgenommen haben, ist ein besonderer Fall. „Dreamscape III“ habe ich 2011 komponiert. Es ist ein Stück aus einer Klaviersuite, die sich mit der Fähigkeit des Menschen beschäftigt, zu träumen. Das ist ein bemerkenswertes kreatives Potential, das uns allen innewohnt, auch wenn wir uns nach dem Aufwachen oft nicht mehr erinnern können, was wir eigentlich geträumt haben.

Die Stücke, die für Contrapunkt produziert werden, sind ausschließlich von zeitgenössischen Komponisten geschrieben. Kapustin ist einer dieser Komponisten.
Von ihm habe ich ein Stück aus der Suite im alten Stil gewählt. Das ist virtuoser, vierstimmiger, kontrapunktischer Jazz, aber formal nach allen Regeln der barocken Suite gebaut. Dieses Stück habe ich auch in meiner Abschlusspräsentation an der Konservatorium Wien Privatuniversität mit Suiten von Bach und Grieg verglichen. Es sind zwar alles zeitgenössische Werke, die allerdings von der Tonsprache her kaum unterschiedlicher sein könnten. Ich habe versucht, einen halbwegs vollständigen Querschnitt durch meine stilistischen Interessen zu schaffen.


Hier finden Sie eine Biographie von Pawel Markowicz. Für Contrapunkt nahm er außerdem 4 zeitgenössische Stücke auf, die hier zu finden sind.

Das Interview führte Alexander Fischerauer im Dezember 2013 in Wien.