Reinhard Amon-Lexikon der musikalischen FormDas umfangreiche Nachschlagewerk zur musikalischen Form ist nach dem Lexikon der Harmonielehre bereits das zweite lexikalische Werk R. Amons, das sich mit einem musiktheoretischen Themenkomplex auseinandersetzt.

Auf den Unterschied zu traditionellen Formenlehren wird bereits im Vorwort explizit hingewiesen. Stattdessen wurde eine umfangreiche Darstellung „der Möglichkeiten aus der Summe innerer Formungskräfte“1 angestrebt.
Das Buch ist in zwei große Teile untergliedert. Der erste Teil umfasst die lexikale Auflistung und Erläuterung verschiedenster Formbegriffe, der zweite Teil  beschreibt allgemeine Grundsätze formaler Gestaltungsprinzipien.

Der Text: Neben einer Erklärung des jeweiligen Formbegriffs, die je nach Wichtigkeit in der Länge variiert, werden häufig zusätzliche Informationen zu historischen Entwicklungen oder Veränderungen gegeben. Wichtige Komponisten oder Musiktheoretiker werden erwähnt oder zitiert. Dabei wird nur selten auf ein Literaturbeispiel aus der Musik verzichtet, an dem die Erläuterung nachvollzogen werden kann.
Die Notenbeispiele: Mit einer großen Anzahl an Notenbeispielen werden die Formtypen beispielhaft vorgestellt. Darüber hinaus werden bei wichtigen Formbegriffen oft auch mehrere Beispiele verschiedener Komponisten verwendet, sodass ein Vergleich möglich ist (siehe z.B. die Artikel über die Barform, Liedform, Fantasia). Durch farbige Markierungen sowie Buchstabenchiffren wird die Anschaulichkeit der Notenbeispiele ergänzt.
Die Grafiken: Neben den Notenbeispielen werden häufig auch Grafiken eingesetzt, die den Formbau eines Musikstückes auf einen Blick überschaubar machen. Für diese Darstellung hat der Autor spezielle Chiffren entwickelt, die mit einer Kombination aus Taktsymbolen (Kästchen), Farben und den bereits erwähnten Buchstabenchiffren für Formteile den Text und die Notenbeispiele abrundend ergänzen. So können selbst komplexere Formzusammensetzungen mit wenig Anstrengung eingesehen werden.
In der Anschaulichkeit übertrifft dieses Buch vergleichbare Werke mit lexikalischem Charakter. Dasselbe gilt auch für die inhaltliche Qualität. Je nach Bedeutung des Formbegriffs wird die Länge der einzelnen Artikel treffend angepasst. Sehr ausführliche und besonders zu erwähnende Kapitel sind z.B. diejenigen über die Liedform, Sonatensatzform oder die Fuge. Oft werden die Erwartungen an eine lexikalische Informationstiefe übertroffen. Dabei werden die Inhalte anschaulich und leicht verständlich vermittelt, sodass auch ein ungeübter Leser einen leichten Zugang zur jeweiligen Thematik finden kann.
Das angewendete Zeichen- und Seitenformat sowie die Anbringung von Zitaten und Literaturhinweisen in einer eigenen Textspalte am Rand jeder Seite runden die inhaltliche wie grafische Gestaltung ab.
Eine deutliche inhaltliche Bestimmung und Abgrenzung der Formbegriffe wird beispielhaft eingehalten. Bei Begriffen, die die Ästhetik betreffen, sind allerdings Unsicherheiten erkennbar: Der Einfluss der aufklärerischen Philosophen wird zwar erwähnt, doch zitiert werden lediglich nur Musikwissenschaftler (z.B. Eduard Hannslick). Ausdrücke, deren Bedeutung vage ist, können hier zu Missverständnissen führen.
Im zweiten allgemeinen Teil des Buches werden Formen und Formungsprinzipien besprochen. Neben speziell für die Musik wichtigen Prinzipien wird auch auf Formen aus anderen Kunstrichtungen sowie aus den Naturwissenschaften verwiesen. Dieser Teil bietet eine informative Ergänzung zum lexikalischen Teil. Themen, die einer besonderen Erwähnung bedürfen, bekommen hier einen Raum. Beispielsweise bespricht ein größeres Kapitel die Formgebung des 20. Jahrhunderts. Der zweite Teil des Werkes zeigt neue inhaltliche Facetten auf und liefert wichtiges Hintergrundwissen.
Durch den anschaulichen Charakter des Buches wird es einer breiten Interessengruppe möglich gemacht, Zugang zur Thematik der musikalischen Form zu finden. Von der Verwendung im Schulunterricht über den Gebrauch vom Hobbymusiker bis hin zum Nachschlagewerk für eine Bachelorarbeit kann es eine Grundlage bilden. Wegen seiner inhaltlich wie formalen Qualitäten ist das Lexikon der musikalischen Form ein empfehlenswertes Buch für jeden Musikinteressierten.

Von Alexander Fischerauer

Informationen zum Buch:
Titel: Lexikon der musikalischen Form
Erschienen am: 18.07.2011
Autor: Reinhard Amon in Zusammenarbeit mit Gerold Gruber
Verlag: Doblinger/Metzler
ISBN: 3-476-02407-5
ISBN: 978-3-476-02407-7
Preis: EUR 49,95

1 Lexikon der musikalischen Form, Amon, S. 8