Der am 31.Januar 1797 in Wien geborene österreichische Komponist ist bei vielen wegen seiner Liederzyklen Die schöne Müllerin oder Winterreise bekannt, doch repräsentieren diese Zyklen nur einen Bruchteil seines gesamten Instrumental- und Vokalwerkes.
Schubert begann schon in frühen Jahren zu komponieren. So entstand 1810 sein erstes Klavierwerk: die Fantasie in G-Dur zu vier Händen. Kurz darauf folgten ein Streichquartett, viele Lieder und weitere Fantasien. Seine Kompositionen wurden aber von den Verlegern nicht gedruckt, er hatte keine Lehrstelle und somit kein sicheres Einkommen.
Dennoch wurde die Zeit zwischen 1815-18 zu seiner produktivsten Schaffensphase. In dieser Periode entstanden unter anderem viele seiner Klaviersonaten und die Sinfonie Nr. 6 in C-Dur.
Die folgenden Jahre zeigen einen quantitativen Rückgang in seinem Schaffen, sein Stil entwickelt sich aber weiter. So schrieb er verschiedene Bühnenwerke, darunter die Oper Alfonso und Estrella im Jahre 1821 oder nahm im Jahre 1828 Unterricht in Kontrapunkt bei Simon Sechter.
Erst am 26.3.1828 fand das erste öffentliche Konzert mit Werken von Schubert statt. So trat er in den letzten Monaten seines Lebens endlich als Instrumentalkomponist an die Öffentlichkeit.
Es scheint, als hätte er in seinem Todesjahr alle Energie zusammengefasst, um noch möglichst viele Werke zu komponieren, darunter den Sonatenzyklus mit den Sonaten c-moll D 958, A-Dur D 959 und B-Dur D 960, von denen die letzte zu seinen bekanntesten Werken zählt. In seinen späten Sonaten ist ein Hauch von Trauer und Schmerz spürbar, der möglicherweise durch eine Todesahnung erzeugt wurde.
Nachdem Beethoven die klassische Sonate außerordentlich prägte, schaffte es Schubert trotz dieser epigonalen Vorlage, sich in seinen Werken stilistisch von Beethoven abzugrenzen und in seinem eigenen, unverkennbaren Stil zu komponieren. Trotzdem sind auch in seinen letzten Sonaten viele Parallelen zu Beethovens Werk erkennbar.
Es ist möglich, dass sich Schubert besonders nach dem Tod Beethovens am 26.März 1827 als Fortführer der klassischen Sonate verstand und deswegen oft musikalische Parallelen zu Beethovens Werk zu erkennen sind, auf die in diesem Artikel jedoch nicht genauer eingegangen wird, da ein Vergleich mit Werken Beethovens notwendig wäre.
Die ersten beiden Takte des ersten Satzes (Allegro) der c-moll Sonate beginnen mit einem rhythmisch sehr prägnanten Motiv. Im forte gespielt, zeichnet es sich durch einen sehr aufgewühlten Charakter aus, was durch die Doppelpunktierung des ersten Taktes verstärkt wird. Der Hörer kann die Dramatik der Sonate sofort spüren.
Im weiteren Verlauf zeigen sich jedoch bald Unterschiede zur Beethovenschen Stilistik. Das Hauptthema kehrt sehr schnell wieder, allerdings figurativ und melodisch stark verändert. Ein Wechsel nach As-Dur verändert das Geschehen, es folgt eine Überleitung, die sehr weich auf B-Dur, der Dominate des 2. Themas, endet.
Das 2. Thema, beginnend im Takt 39 und in Es-Dur stehend, zeichnet sich durch einen liedhaften Charakter aus, mit einer Wiederholung in Moll, die ihr Ende in einer langen Kadenz findet und zur Durchführung überleitet, die in Takt 99 beginnt. Diese ist gekennzeichnet durch Sechzehntelbewegungen sowohl in der linken als auch rechten Hand, die bis zur Reprise anhalten.
Schubert greift dabei immer wieder chromatische Figuren auf, die teils lieblich, jedoch auch bedrohlich auf den Zuhörer wirken können. Die Coda nimmt den Hauptgedanken der Durchführung wieder auf und führt den ersten Satz zu Ende.
Walter Riezler bezeichnet die Melodie des zweiten Satzes als eine „Melodie mit rein klassischer Prägung“1. Die im Adagio stehende erweiterte Liedform zeigt in chromatischen Modulationen und vielen Halbtonrückungen eine Abwendung vom typisch klassischen Verlauf der harmonischen Struktur innerhalb eines Satzes.
Durchbrochen von kurzen Glücksmomenten, wirkt der Satz durch plötzliche und starke Dynamikänderungen teils bedrückend, aber auch bedrohlich, was durch die Sechzehntel-Triolen der linken Hand noch verstärkt wird. Die Spannung wird im zweiten B-Teil durch die Oktavierung der Sechzehntelbewegung gesteigert und findet ihren Abschluss in einem fast schon erlösenden Pianissimo, welches das Thema des Anfangs aufgreift. Schubert verzögert den Schluss zweimalig, bevor er den Satz beschließt.
Das Menuetto, Allegro ist der kürzeste Satz der Sonate und steht in der Grundtonart der Sonate, c-moll. Im ersten Teil, dem Menuett, überrascht Schubert durch eine ausgefallene Formgestaltung mit schnellen und unerwarteten Dynamikwechseln. Das Trio, in As-Dur stehend, hat durch eine stärkere Rhythmisierung einen ausgeprägteren tänzerischen Charakter und steht somit im Gegensatz zum ersten Teil.
Der vierte und letzte Satz der Sonate ist im Allegro, 6/8 Takt geschrieben. Das erste, auftaktige Thema in der Haupttonart c-moll wirkt sehr aufgeregt. Bald wechselt es aber nach C-Dur. Diese plötzlichen Dur/Moll Wechsel kommen bei Schubert oft vor und sind ein typisches Stilmerkmal. Schubert leitet das zweite Thema mit einer sehr unerwarteten Rückung von c auf des ein, welches dann in cis-moll im Takt 113 erscheint. Derartige Modulationen sind eine typische Kompositionstechnik für die romantische Harmonik und besonders für Schubert.
Eine aufsteigende Linie des Begleitmotivs leitet langsam in eine Ruhephase des Themas über, die in Es-Dur erscheint.
Nun folgt die formal recht frei gestaltete Durchführung, die in H-Dur mit einem neuen Thema ansetzt und schon den Schlussgedanken andeutet. Die Reprise greift wichtige formale Elemente nochmals auf, beispielsweise bleibt die Rückung nach Des-Dur wie zu Beginn gleich.
Das Oktavenmotiv wird in der Coda beibehalten, das 1. Thema erscheint wieder in seiner ganzen Gestalt und bringt den Satz sehr rasch zu Ende. Das im pianissimo auslaufende Motiv wird durch einen Ganzschluss nach c-moll beendet.
Formal weist die behandelte Sonate in c-moll deutliche Züge der klassischen Sonate auf. Eine eigene harmonische Tonsprache und die dadurch geprägte musikalische Form grenzen diese Sonate zur Klassik ab und machen sie zu einem unverwechselbaren Werk der Klavierliteratur.
Von Daniela Fietzek
Quellenangabe:
Riezler, Walter: Schuberts Instrumentalmusik, Atlantis Musikbücherei Zürich, 1967
Dürr, Walter/ Feil, Arnold: Franz Schubert Musikführer, Reclam Leipzig, 2002
Franz Schubert, Klaviersonaten, Universal Edition, hrsg. von Erwin Ratz
Godel, Arthur: Schuberts letzte drei Klaviersonaten, Verlag Valentin Koerner, Baden-Baden, 1985
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