Bericht über die österreische Erstaufführung seines Werkes Polnische Hochzeit

beer1Der Komponist – ein biographischer Überblick

Bereits mit dreizehn Jahren begann Joseph Beer regelmäßig zu komponieren. Seine musikalische Ausbildung absolvierte er in Wien. Nach bestandener Aufnahmeprüfung studierte er bei dem renommierten Prof. Joseph Marx und durfte bei Studienantritt sogar vier Studienjahre überspringen. Das Studium schloss er mit höchsten Auszeichnungen ab.

Nach dem Studium begann er seine Laufbahn als Dirigent. Er konnte bald den berühmten Librettisten Fritz Löhner-Beda als Agenten für seine Kompositionen gewinnen. In Zusammenarbeit mit diesem und Ludwig Herzer entstand die erste Operette Der Prinz von Schiras.

Das Stück wurde ein großer Erfolg. Es wurde am Theater an der Wien gespielt, in Salzburg, Warschau, Madrid und Stockholm. Der Grundstein für eine erfolgreiche Karriere als Operettenkomponist war gelegt. Die zweite Operette Polnische Hochzeit, 1937 in wenigen Wochen komponiert, wurde in Zürich uraufgeführt. Sie feierte einen Erfolg nach dem anderen, wurde auf 40 Bühnen gegeben und in acht Sprachen übersetzt.

Im Jahr 1938 erfolgte der Anschluss Österreichs an Deutschland durch die Nationalsozialisten. Beers Werke wurden aufgrund seiner jüdischen Herkunft verboten. Er floh nach Paris und erhielt ein französisches Visum. Die Polnische Hochzeit kam daher in Wien nie zur Aufführung.

In Paris schrieb er Kompositionsarbeiten und Arrangements für verschiedenen Auftraggeber, die teilweise seine Arbeiten als ihre eigenen herausgaben. Im Zuge der Verfolgungen verlor der Komponist Angehörige und frühere Kollegen, die dem Regime zum Opfer fielen. Am schlimmsten traf ihn der Verlust der Eltern und der jüngeren Schwester.

Aufgrund dieser schrecklichen Ereignisse zog sich Beer immer mehr in eine künstlerische Isolation zurück, lehnte nach dem Krieg Angebote für Auftragskompositionen ab. Trotzdem komponierte er zeit seines Lebens weiter, und feilte alte Kompositionen auch weiter aus. Er unterstützte außerdem die Aufführung seiner Werke nicht mehr, im Gegenteil verhängte er über manche Werke ein Aufführungsverbot.

Trotz dieser Verbote wurde die Polnische Hochzeit in Skandinavien von der Kriegszeit bis in die achtziger Jahre mit großem Erfolg gespielt, wie Hanna Beer im Gespräch mit Contrapunkt erzählte. Es wären sogar Tantiemen nach Wien geschickt worden, die die Nationalsozialisten aber natürlich beschlagnahmten. Nur bei seiner Frau Hanna fand er nach dem Krieg Unterstützung für seine künstlerische Arbeit. Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor, Suzanne und Beatrice. Beer erlangte den Doktortitel und betätigte sich auch musikwissenschaftlich, z.B. mit dem Werk A. Scriabins. 1987 starb er in Nizza.

Joseph Beer Foundation

Die beiden Töchter riefen im Jahr 2006 eine Stiftung ins Leben, die die Aufführung seiner Werke fördern soll. Beatrice, selbst Sopranistin trug und trägt in Konzerten auch Stücke ihres Vaters vor und verhilft seinem Werk so zu mehr Bekanntheit.

Vorbereitungen zur österreischischen Erstaufführung der polnischen Hochzeit

Schließlich wurde die Entscheidung getroffen, die Polnische Hochzeit für den Operettensommer in Wien 2012 freizugeben und damit die österreichische Erstaufführung des Werkes zu ermöglichen. Im Vorfeld der Aufführung musste einiges geleistet werden.

Gedruckte Partitur und Orchesterstimmen gab es nicht. Das Manuskript musste zusammengetragen und nach Österreich gebracht werden. Die Tochter Suzanne nahm schilderte im Gespräch mit Contrapunkt diesen Transfer. Sie habe das wertvolle, 8 Kilogramm schwere Material als Handgepäck über zwei Flughäfen schleppen müssen, zusammen mit einem kleinen Computer, denn sonst wäre nur 5 kg Handgepäck erlaubt gewesen.

In Wien erfolgte das Übertragen des Notentextes, an manchen Stellen sogar die Ergänzung fehlender Stimmen. Der Dirigent Charles Prince und Robert Lillinger nahmen sich dieser schwierigen Aufgabe an und rekonstruierten das Werk in Zusammenarbeit mit Renate Publig und dem Musikhaus Doblinger.

Die Aufführung im Theresianum

Im schönen Ambiente des Gartens im Theresianum war eine Open Air Bühne geschmackvoll für das Stück eingerichtet worden. Es schien genau die richtige Umgebung zu sein für diese besondere Erstaufführung. Die Operette kam als heiteres, humorvolles Stück daher, indem eine Liebesgeschichte das zentrale Handlungselement bildet:

Der junge Graf Boreslav, ein polnischer Freiheitskämpfer möchte nach seiner Heimkehr seine Liebe Jadja heiraten. Zur gleichen Zeit hegt aber auch der ältere Graf Staschek Heiratspläne mit der jungen Schönheit, deren Vater Baron Oginsky diesen Plan unterstützt, in Aussicht auf die Geldwechsel des Grafen. Diese Anfangskonstellation führt dann im Laufe des Stückes zu komplizierten und lustigen Verwicklungen, wobei die Frauen am Ende das letzte Wort behalten. Der Handlungsrahmen, die russische Besetzung Polens, könnte auch als Pendant der drohenden Besetzung Europas durch die Nationalsozialisten aufgefasst werden, meinte Suzanne Beer im Gespräch. Das sei aber schon eher spekulativ.

Auf jeden Fall bot diese Rahmengeschichte für damalige Vehältnisse reichlich Zündstoff. Die Musik mutete in manchen Arien teilweise fast schon opernhaft an, spürbar waren aber auch moderne harmonische Einflüsse, die schon in Richtung Jazz deuteten. Ein spritziger, lebhafter musikalischer Fluss durchzieht Beers Werk, wobei man sich bei dieser Operette sogar bei manchen Stücken mehr Wiederholungen in den Arienteilen oder Ensemblenummern vorstellen könnte.

beerplakatDas Publikum ließ sich trotz des zweifelhaften Wetters nicht abschrecken, sodass alle Plätze besetzt waren. Auch die Sänger ließen sich weder durch leichte Regenschauer, noch durch technische Probleme beeindrucken:

Im Gegenteil war der etwaige Ausfall von Mikrofonen für die Sänger gar kein Hindernis, z.B. artikulierte Peter Josch, der den Grafen Staschek spielte so gut, dass man die Worte auch in den hinteren Reihen ohne Probleme verstehen konnte. Die Beschallung allerdings ließ einiges zu wünschen übrig, manche Sänger waren zu laut, andere zu leise verstärkt, andere wiederum mit unnatürlichen Verfärbungen, auch das Orchesterklavier klang sehr unnatürlich.

Diese Probleme nahmen gar keinen Einfluss auf die Qualität der künstlerischen Darbietung. Neben den sängerischen Leistungen überzeugten die Darsteller mit ihrem ungemein wienerischen Charme, vor allem die Darsteller der Rollen Baron Oginsky und Graf Staschek, Rainer Spechtl und Peter Josch.

Die beiden weiblichen Hauptdarstellerinnen spielten ihre Rollen sehr überzeugend. Iris-Marie Kotzian als Jadja gab authentisch die etwas einfältige, feinfühlige und verliebte junge Frau, während Patricia Nessy in ihrer Rolle Suza in einer abgebrühten, witzigen und für die Zuschauer äußerst humorvollen Art die ganze Männerwelt um den Finger wickelte. Der Dirigent Charles Prince stimmte das Orchester gut mit den Sängern und Sängerinnen ab und begleitete sie stilvoll, wobei er an entscheidenden Stellen die richtigen Orchesterakzente setzte. Das Publikum wusste die Leistungen der Musiker schon während der Darbietung zu honorieren. Der Abend war trotzt kleinerer technischer Ausfälle insgesamt sehr gelungen.

Bereichert wurde die Stimmung noch durch die Anwesenheit der Witwe und Tochter des Komponisten, die das Stück an diesem Abend ebenfalls zum ersten mal hörten. Der Wiener Operettensommer bot mit dieser Aufführung also einen sehr spannenden Einblick in Beers Musik, dass man nur sagen kann: Nächstes Jahr bitte mehr davon.

Von Alexander Fischerauer